Grundsätzlich könnten Autobesitzer ein widerrechtlich abgestelltes Fahrzeug sofort entfernen, sagte der Richter in einer mündlichen Urteilsverkündung am frühen Dienstagabend. Und dies auch noch von einem bestellten Abschleppdienst. Allerdings können dem säumigen Fahrzeughalter dann nur die entstandenen Kosten in Rechnung gestellt werden. Darin könnte durchaus ein gewisser Gewinn für den Vermittler enthalten sein – das rechtfertigt aber noch keine Rechnung.
Er würde keine Autos ohne Bezahlung verkaufen
In diesem Fall hatte Remo N., der vor allem im Zürcher Unterland und in der Stadt Zürich tätig war, deutlich höhere Preise von konkurrierenden Firmen verlangt – der Richter sprach von «Phantasiepreisen». Gemäss Anklageschrift forderten die Angeklagten in rund 40 Fällen 850 Franken und 1070 Franken für Abschleppen. Laut Anklage hatte N. jeweils sofortige Zahlung verlangt. Andernfalls drohte er mit höheren Gebühren und weigerte sich, das Auto herauszugeben. Ein solches Zurückbehaltungsrecht bestehe hier nicht, so der Richter weiter. Der 40-Jährige habe sich der Nötigung und Erpressung schuldig gemacht.
Missbrauch und Sachbeschädigung
Als der Mann bei seiner Arbeit einen Kunden als „dummen Außerirdischen“ bezeichnete und zudem ein beladenes Auto auf die Straße gestürzt war, kam es auch zu Beschimpfungen und Sachbeschädigungen. Schliesslich hatte Remo N. mit falschen Angaben einen Covid-Kredit von 230’000 Franken erhalten, weshalb er des Betrugs schuldig gesprochen wurde. Die 48-seitige Anklage umfasste weitere Verbrechen.
Er wurde mehrmals von der Polizei gerufen
Vor Gericht am 1. Februar erklärte N., er könne nicht verstehen, warum er so oft angeklagt worden sei – er sei immer freundlich gewesen. Sein Verteidiger hatte erklärt, es liege in der Natur der Sache, dass Fahrzeughalter kein gutes Verhältnis zu dem Mann hätten, der ihre falsch geparkten Autos abschleppe. Der Angeklagte wisse, was er tue, sagte der Richter am Dienstag. Aufgrund seiner Arbeit wurde er mehrfach von der Polizei gerufen und 2016 vorübergehend festgenommen. Allerdings habe sich der Angeklagte “durch nichts und niemanden einschüchtern lassen”.
Die Staatsanwaltschaft forderte sieben Jahre
Die Staatsanwaltschaft hatte eine siebenjährige unbedingte Haftstrafe gefordert. Die Verteidigung wurde zu zwei Jahren Bewährung verurteilt. Das Landgericht hat nun eine Bewährungsstrafe verhängt. Einerseits sprach er den Mann in einigen der mehr als 40 eingereichten Klagen frei. Andererseits habe er bei der Strafzumessung auch die Verfahrensdauer und das “widersprüchliche Verhalten der Strafverfolgungsbehörden” berücksichtigt. Die Polizei ließ Remos N. trotz des laufenden Verfahrens weiterfahren.
“Jeden Tag im Gefängnis geht Geld verloren”
Der 40-Jährige, der seit März 2021 in Untersuchungshaft sitzt, hatte vor der Urteilsverkündung seine Freilassung beantragt. “Jeden verdammten Tag, an dem ich eingesperrt bin, verliere ich Geld.” Wenn er entlassen würde, würde er morgen wieder arbeiten. „Wenn ich draußen gewesen wäre, hätte ich einen großen Teil von Covids Kredit bereits zurückgezahlt.“ Das Bezirksgericht Bülach sah keinen Raum für eine Kündigung. Er ordnete Haft wegen Fluchtgefahr an. Der Schweizer, der ebenfalls erfolglos um einen Wechsel seines offiziellen Verteidigers bat, bleibt in Haft. Nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe – im Sommer 2023 – konnte er entlassen werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft oder der Beschuldigte können beim Obersten Gericht Zürich Beschwerde einlegen. (SDA / nein) * Der Name hat sich geändert