Schon bei der Ausarbeitung des ersten Entwurfs des neuen Infektionsschutzgesetzes gab es Streit um die Maskenpflicht. Einem Bericht zufolge geht die Bundesregierung nun einen Schritt in Richtung Bundesländer. Insbesondere will die FDP über die Maskenpflicht in Flugzeugen verhandeln.
Auch über die Maskenpflicht im Flugzeug will die FDP-Fraktion bei den Beratungen zum neuen Infektionsschutzgesetz verhandeln, das ab Herbst umgesetzt werden soll. Sobald das Kabinett einen Entwurf für das neue Regelwerk beschließe, wolle die FDP mit Koalitionspartnern aus SPD und Grünen darüber beraten, sagte Fraktionschef Christian Dürr dem Spiegel. „Die Debatte über die Pflicht zum Tragen von Masken in Flugzeugen ist ein Beispiel dafür, wo wir immer noch die Notwendigkeit von Tests sehen“, sagte er.
Im Regierungsflugzeug ohne Masken
Hintergrund der Initiative ist eine Debatte über Aufnahmen aus dem Regierungsflugzeug, mit dem Bundeskanzler Olaf Soltz und Finanzminister Robert Habeck nach Kanada geflogen sind. Es zeigt, dass Politiker, Mitreisende und Journalisten im Flugzeug keine Masken trugen.
Allerdings musste laut einem Sprecher der Bundesregierung jeder an der Maschine einen aktuellen negativen PCR-Test vorweisen. „Dies gewährleistet ein hohes Schutzniveau“, sagte er. Die Luftwaffe erklärte, dass es den auf ihren Maschinen getesteten Personen freigestellt sei, eine Maske zu tragen.
In der gewerblichen Luftfahrt gilt in Deutschland eine Maskenpflicht in Flugzeugen. Passagiere müssen jedoch keinen negativen Coronavirus-Test mehr vorlegen, es sei denn, das Zielland verlangt dies.
Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Dürr, erwähnte gegenüber dem „Spiegel“ Testausnahmen für gewerbliche Flüge. Der Stellvertreter von Alexander Graf Lambsdorff twitterte, dass laut Bildern aus dem Regierungsflugzeug die Maskenpflicht in Linienflugzeugen nicht bestehen bleiben könne.
Das Kabinett berät am Mittwoch
Am Mittwoch will das Kabinett dem Entwurf für das neue Infektionsschutzgesetz zustimmen. Eine frühe Fassung, die von Gesundheits- und Justizressort ausgearbeitet worden war, hatte zuletzt Kritik von Bundesländern auf sich gezogen, weil sie mehrere geplante Ausnahmen von der Maskenpflicht für nicht anwendbar hielten.
Bericht: Länder sollten mehr Entscheidungen selbst treffen dürfen
Mit dem neuen Entwurf gehe die Bundesregierung nun einen Schritt in Richtung der Bundesländer, berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die Bundesregierung plant laut RND weniger Ausnahmen von der Indoor-Maskenpflicht und will den Bundesländern mehr Spielraum geben. Daher sollen sie selbst entscheiden können, ob sie Ausnahmen von der Maskenpflicht für frisch Geimpfte und frisch Genesene zulassen oder nicht. Der bisherige Entwurf sah eine bundesweite Maskenpflicht ab Oktober für den Fern- und Luftverkehr sowie für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen vor. Bundesländer hätten zusätzliche Maskenpflichten für den Nahverkehr, öffentliche Innenräume, Restaurants, Sport- und Kulturveranstaltungen festlegen können. Auch hier sah der Entwurf bundesweite Ausnahmen von der Maskenpflicht vor, konkret für frisch Geimpfte, frisch Genesene und aktuell Getestete. Diese Ausnahmen wurden von vielen Ländern kritisiert, da sie als nicht durchsetzbar angesehen werden.
Eventuell eine weitere Ausnahme für Getestete
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holeczek schloss sich der Kritik aus den Ländern an: „Wenn die Bundesregierung hartnäckig an ihrem Planentwurf festhält, kann die Kanzlerin künftig vor Äußerungen über einen vermeintlichen ‚gemeinsamen Plan‘ bewahrt werden“, sagte der CSU-Politiker.
Ausnahmen von der Maskenpflicht waren die erste große Kritik vieler Länder am ursprünglichen Entwurf des Infektionsschutzgesetzes. „Die Vorgabe, dass es bei einer Innenraum-Maskenpflicht Ausnahmen für gescreente, ‚frisch‘ geimpfte und genesene Personen geben muss, kann auf die Justizvollzugsanstalt nicht angewandt werden“, sagte Holecek. “Deshalb sollten sie übersehen werden.”
Eine Gruppe soll laut RND-Bericht trotz der Bundeserleichterungen weiterhin von der Maskenpflicht ausgenommen werden: Personen, die kürzlich getestet wurden.
Auch am zweiten großen Kritikpunkt der Länder, den Kriterien, unter denen sie verschärfte Corona-Schutzmaßnahmen beschließen können, plant die Bundesregierung keine Änderungen. Holetschek hatte von der Bundesregierung klare Vorgaben gefordert, weil sonst jedes Land die Vorschriften anders auslegen könnte – es drohe ein Flickenteppich. Konkrete Parameter, wann bestimmte Schutzkonzepte in Kraft treten sollen, gibt es laut RND aber noch nicht.
Bundestag im Zug
Nachdem die Minister des Bundeskabinetts der sogenannten Rentenhilfe zugestimmt haben, sind die Koalitionsparteien an der Reihe – sie müssen dann einen Gesetzentwurf erarbeiten. Punkte, in denen sich Bund und Länder noch uneinig sind, könnten zum jetzigen Zeitpunkt geklärt werden, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums. Das geltende Infektionsschutzgesetz läuft Ende September aus.
Infektionsschutzgesetz: Nach staatlicher Kritik zeigt sich Gesundheitsminister Lauterbach kompromissbereit
Jan Zimmermann, ARD Berlin, 23.08.2022 18:14 Uhr