Nach Angaben des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge sind bisher mehr als vier Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen, und die Zahl wächst täglich um Tausende. Das sorgt nicht nur für eine große Hilfsbereitschaft, sondern sorgt auch für Probleme. In Österreich beklagte sich kürzlich der Chef der Wiener FPÖ, Dominik Nepp, über ukrainische Flüchtlinge. Er war wütend, dass sie in “fetten Karren” durch die Stadt zogen, in Luxushotels übernachteten und im Graben guten Wein tranken. Weiterlesen: Tag 37 des Krieges in der Ukraine – der Liveticker Unzufriedenheit gibt es auch in der Schweiz, aber auf einer anderen Ebene. 22.000 Flüchtlinge aus der Ukraine befinden sich in der Schweiz, täglich kommen 1.000 hinzu. Ein großer Teil von ihnen – über 5.000 Menschen – ist in Privatunterkünften untergebracht. Mit Kollegen, Freunden oder Helfern, die ihr Haus oder ihre Wohnung zur Verfügung gestellt haben. Doch viele greifen jetzt an, weil das Zusammenleben schwieriger ist als gedacht. „Als wir nachfragten, sind 1.800 der 30.000 potenziellen Gastgeber gegangen“, sagt Christian Messikommer vom Verein Campax. “Solidarität ist immer noch untrennbar, aber wenn die Realität ans Licht kommt, werden sich viele unwohl fühlen.” Spannungen und Missverständnisse sind an der Tagesordnung: „Flüchtlinge sitzen nicht nur in ihrem Zimmer und sind dankbar für den Rest ihres Lebens“, sagt Messikommer. Im Gegenteil: „Sie sind oft traurig und stehen unter Dauerdruck, weil sie im Dunkeln tappen und viele ein ebenso reges Sozialleben mit ihren Gastgebern haben.“ Was die allermeisten Menschen unterschätzen, ist die Kommunikation: „Auch mit einem Tablet-Übersetzer ist man irgendwann am Limit“, sagt Messikommer. „Wenn man jemandem in einer fremden Sprache erklären muss, wie man seine Toilette nach der Benutzung wiederfinden möchte, ist das nicht immer einfach.“ “Flüchtlinge sind frustriert, wenn sie auf der Couch schlafen müssen” Wie in einer Wohngemeinschaft unterschieden sich die Gewohnheiten der Menschen in Bezug auf soziales Miteinander, Hygiene und Essgewohnheiten, sagt Messikommer. “Deshalb ist es völlig normal, dass es zu Konflikten kommt.” Die ukrainische Historikerin Olha Martynyuk, die heute in der Schweiz lebt, sieht den Grund dafür in falschen Erwartungen – sowohl von Flüchtlingen als auch von Gastgebern: „Flüchtlinge warten nach der Flucht vor einem gewaltsamen Krieg nicht auf ihre eigene Heimat oder „Ihre Heimat und müssen dann bleiben“. in einem kleinen Schrank oder auf der Couch ist nicht bequem.” Gleichzeitig mangelt es beiden Parteien in diesen Fällen an Privatsphäre, was zu Problemen führen könnte. „Eine eigene Rückzugsmöglichkeit ist daher sehr wichtig“, sagt Martynyuk. Zudem muss verstärkt darauf geachtet werden, dass die zu berufenden Personen auch wirklich zum Lebensstil der Gastgeber passen. “Es ist besser, eine ältere Frau, die sich mit den gleichen Interessen bei älteren Menschen ausruhen muss, unterzubringen, als in ein Haus voller Kinder. Es ist besser, Familien mit Kindern dorthin zu schicken”, sagt Martynyuk. Insbesondere das Thema Ernährung birgt auch die Gefahr von Missverständnissen. “Ukrainische Flüchtlinge haben möglicherweise andere Essgewohnheiten als ihre Gastgeber”, sagt Olha Martynyuk. Diese unterschiedlichen Lebensstile könnten auch finanzielle Schwierigkeiten mit sich bringen. “Oft reicht die finanzielle Unterstützung des Bundes nicht aus, um sich teure Lebensmittel zu leisten und alle anderen monatlichen Ausgaben für Flüchtlinge zu decken.”

Allein in den Kanton Luzern zogen 60 Personen um

Auch viele Kantone bestätigen, dass schutzsuchende Ukrainer umgesiedelt werden müssen. Bisher sind es 60 Personen im Kanton Luzern. Andere Kantone geben keine Zahlen an, aber im ganzen Land gibt es wahrscheinlich Hunderte in der gleichen Situation. Silvia Bolliger, Leiterin des Amtes für Asyl und Flüchtlinge Luzern, sieht Probleme auf beiden Seiten. „Es gibt immer mehr Berichte von Gastfamilien und Einzelpersonen, die keine Flüchtlinge mehr aufnehmen wollen“, sagt Bolliger. Andererseits gab es auch Flüchtlinge, die sich in ihrer Privatunterkunft nicht mehr wohl fühlten und gerne in Kantonsunterkünften untergebracht werden würden. Auch Ursula Baum, Leiterin des Kompetenzzentrums Freiwilligenarbeit im Kanton Basel, kennt die Probleme mit privaten Unterkünften. „Spannungen entstehen vor allem dann, wenn die Rahmenbedingungen auf beiden Seiten nicht geklärt sind“, sagte Baum. „Privat möchte man vielleicht schnell helfen und dann ist vielleicht nicht klar, wie es weitergehen soll oder man hat zu viele Leute empfangen.“ Der Integrationsverein St. Gallen (TISG) sieht das Hauptproblem in der Verteilung der Flüchtlinge. „Wenn Einzelpersonen zuerst Kontakt mit Gemeinden aufnehmen, bevor sie ukrainische Flüchtlinge aufnehmen, treten selten Probleme auf. Nav-Account rfi, 20 Minuten 0ρα01.04.2022, 07:07 | Akt: 01.04.2022, 07:17