27.03.2022, 06:37 π.μ
Im Saarland findet die erste Landtagswahl des Jahres statt. Der SPD-Herausforderer Rehlinger ist klarer Favorit – zum Leidwesen von Ministerpräsident Hans, der den Posten von Kramp-Karrenbauer beerbte. Bundespolitiker beobachten die Abstimmung genau. In den letzten Schritten vor der Landtagswahl im Saarland an diesem Sonntag muss Ministerpräsident Tobias Hans einen Roboter haben. Da der CDU-Politiker wegen einer Coronavirus-Infektion isoliert ist, führt „Robi-Tobi“ zu seinen Wahlkampfterminen – ein an einer Stange montierter Tablet-Computer, mit dem sich Hans auf der Straße live in den Wahlkampf einschalten kann. Angesichts schwacher CDU-Umfragen im Land ist Vorsicht geboten, denn der 44-Jährige könnte nach weniger als einer Legislaturperiode wiedergewählt werden und die Macht an die SPD abgeben müssen. Anfang März versuchte Hans, mit einer wütenden Rede über den Dieselpreis vor einer Tankstelle etwas zu ändern. Darin bezeichnete er den aktuellen Preis von 2,12 Euro pro Liter als „verrückt“. Vor allem aber wurde sein Video kritisiert. Besonders der Vorschlag rief Empörung hervor: “Es betrifft nicht nur Menschen mit niedrigem Einkommen – es betrifft wirklich viele hart arbeitende Menschen.”
Die SPD winkt mit einem Wahlsieg
Rund 800.000 Menschen im Saarland treten bei der Landtagswahl am Sonntag an. Insgesamt 17 Parteien und Wählergruppen bewerben sich um die 51 Sitze im Saarbrücker Landtag. Die jüngsten Umfragen prognostizieren einen klaren Wahlsieg der SPD über Herausfordererin und Finanzministerin Anke Rehlinger. Der Landesverband der CDU sieht sich nach der Niederlage der Union bei der Bundestagswahl im September mit rückläufigen Umfragewerten konfrontiert. Damit konnte die Landespartei ihr schlechtestes Wahlergebnis auf 33,4 Prozent seit 1990 reduzieren – Umfragen sahen es zuletzt zwischen 30 und 31 Prozent, nach 40,7 Prozent im Jahr 2017, war damals aber noch mit Ministerpräsidentin Annegret Krab-Karenbauer als Spitzenkandidatin unterwegs. Außer der SPD, die im Saarland seit 2012 in einer großen Koalition an der Regierung teilnimmt, konnte keine andere Partei den rückläufigen Trend nutzen. Die Sozialdemokraten kommen auf 37 bis 39 Prozent der Stimmen und könnten erstmals seit 22 Jahren wieder die Landesregierung führen.
Kleinere Parteien müssen Angst haben
Laut Meinungsumfragen müssen sich alle anderen Parteien mit dem Einzug ins Parlament beeilen. Mit Ausnahme der FDP liegen sich die Oppositionsparteien innerhalb und außerhalb des Saarlandes gegenüber. Liberale um Spitzenkandidatin Angelika Hießerich-Peter erscheinen bei 5%. Der linken Spitzenkandidatin Barbara Spaniol, derzeit die wichtigste Oppositionsfraktion, droht nach einem eskalierenden Streit um den Spitzenkandidaten bei der Bundestagswahl und dessen Karriereende einschließlich des Rücktritts von Oskar die Katastrophe. Es sind nur noch 4 Prozent – nach einem bundesweiten Ergebnis über dem Durchschnitt von 12,8 Prozent vor fünf Jahren. Auch der interne Streit um die Spitzenkandidatin Lisa Becker hat den Grünen schwer geschadet. Aufgrund von Meinungsverschiedenheiten über das Landeswählerverzeichnis war die Partei bei der Bundestagswahl nicht für eine Zweitstimme zugelassen. Sie ist jetzt mit 5 bis 6 Prozent extrem schwach. Vor der Kontroverse waren es in Meinungsumfragen bis zu 15 Prozent. Die AfD liegt bei 6 Prozent, was in etwa dem Ergebnis von 2017 entspricht. Allerdings muss sie ohne Landesliste antreten, weil eine bereits eingereichte Liste kurz vor Ablauf der Frist zurückgezogen wurde, offenbar ohne Wissen der Landesparteispitze. . Die Partei richtet sich nun nach den Wahlkreislisten der drei Wahlkreise.
Große Koalition unter umgekehrtem Vorzeichen
Sowohl Rehlinger als auch Hans dürften nach der Wahl nur wenige Koalitionsmöglichkeiten haben. Beide würden die Große Koalition ohnehin gerne fortsetzen. Offen blieb bisher allerdings, ob Hans als Juniorpartner dabei wäre. Um weiterhin der Landesregierung anzugehören, hätte er keine Wahl.
Rein rechnerisch wäre für Rehlinger auch ein Bündnis mit den Grünen und der FDP oder ein Bündnis mit den Grünen und der Linken möglich – eine Zusammenarbeit mit der Linken hat er aber bereits ausgeschlossen. Nach Recherchen des ZDF und der Bild-Zeitung ist aber neuerdings auch eine rot-grüne oder rot-gelbe Allianz ohne dritten Partner möglich.
Die SPD freut sich über das Signal
Wahlen sind für die Bundespolitik nicht ohne Bedeutung. Während eine laufende Große Koalition kaum Auswirkungen auf die Situation im Bundesrat haben würde, werden die erste Wahl des Jahres und die erste Landtagswahl nach der Bundestagswahl sicherlich erhebliche Auswirkungen haben. SPD, CDU und Grüne haben in den vergangenen Monaten Parteispitzen ausgetauscht. Der neue SPD-Co-Vorsitzende Lars Klingbeil will den Wahlsieg von Olaf Scholz nutzen, um ein “sozialdemokratisches Jahrzehnt” einzuläuten. Für Unionsfraktionschef Friedrich Mertz sind es die ersten wichtigen Wahlen. Während Rehlinger als Mitglied des SPD-Bundesvorstandes durchaus zu den SPD-Promis gehört, distanziert sich das Konrad-Adenauer-Haus eher von Hans. Dass er seine Zeit als Nachfolger Kramp-Karrenbauers nicht nutzen konnte, um sich als Vater des Landes einen Namen zu machen, verhalf ihm nicht gerade zu einem guten Ruf. Mertz rechnet mit den nächsten Wahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, wo die Ministerpräsidenten zwar auch der CDU angehören, aber anders als Hans die Umfragen anführen.