Nach den mutmaßlichen Gräueltaten im ukrainischen Bucha hat Verteidigungsminister Lambrecht das russische Energieembargo wieder in Kraft gesetzt. Doch der Finanzminister und der SPD-Chef lehnen sie weiterhin ab.
Bundesfinanzminister Robert Habeck hat härtere Sanktionen gegen Russland gefordert, lehnt aber beispielsweise ein Importverbot für russische Gas- und Öllieferungen ab. Das machte der Grünen-Politiker am Sonntagabend im ZDF deutlich. „Wir verfolgen die Strategie, nicht sofort unabhängig von russischem Gas, Kohle und Öl zu werden“, sagte Habeck.
Auch SPD-Chef Lars Klingbeil spricht sich weiterhin dafür aus, eine abrupte Einstellung nach der bekannt gewordenen Tötung von Zivilisten im ukrainischen Bucha abzulehnen. Trotz der Schreckensbilder hält er “ein sofortiges Gasembargo aus vielen Gründen für falsch”, sagte er am Sonntagabend gegenüber Anne Will. Der bayerische Ministerpräsident, CSU-Chef Markus Söder, teilte diese Position und betonte, Russland suche bereits nach anderen Auftraggebern, etwa Indien.
Zweifel an der Wirksamkeit eines Embargos
„Wir drehen den Benzinhahn einfach jeden Tag ein bisschen mehr zu“, erklärt Klingbeil. Über Nacht ganz aufzuhören, “wir müssen darüber reden, welche Konsequenzen das für uns in Deutschland hätte, trotz aller Barbarei dieser Fotos und aller Emotionen, die ich auch habe.” Dabei geht es nicht nur um die Folgen für die Industrie, sondern auch um den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Klingbeil bezweifelte auch, dass ein deutscher Energiestopp den russischen Präsidenten Wladimir Putin dazu bringen würde, seinen Angriffskrieg zu beenden. “Was Putin gerade tut, hat keine wirtschaftlichen Gründe.”
Lambrecht will mit den EU-Ministern über einen Lieferstopp sprechen
Zuvor hatte Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) in dem Bericht aus Berlin erklärt, dass nach den Ereignissen in Boutsa auch die Frage der Energieversorgung mit weiteren Konsequenzen thematisiert werden solle. Auch die Frage der Unterbrechung der Gasversorgung muss zwischen den EU-Ministern diskutiert werden.
Habeck hingegen sagte dem ZDF, die nächsten Schritte seien, “Deutschlands Energieinfrastruktur keiner russischen Willkür auszusetzen” in den Händen russischer Eigentümer wie Gazprom oder Rosneft. Habeck ergänzt: „Wir müssen das erst lösen, um die Versorgungssicherheit auch für Polen gewährleisten zu können. Daran arbeiten wir.“
Rosneft ist unter anderem Haupteigentümer einer Raffinerie in Schwedt in Mecklenburg-Vorpommern, die den Großraum Berlin und Brandenburg sowie Westpolen mit Benzin, Diesel, Heizöl und Kerosin versorgt. Das “Handelsblatt” berichtete am Freitag, im Finanzministerium würden Szenarien gespielt, die auch eine Verstaatlichung vorsähen.
Weitere Sanktionen gegen Putins Vertraute
Wie Bundeskanzler Olaf Soltz (SPD) kündigte Hubeck ein “fünftes Sanktionspaket” gegen Russland an. Dazu gehören „persönliche Sanktionen gegen andere Mitglieder des Putin-Regimes“, aber auch technische Anlagen. Der Finanzmarkt wird erneut untersucht.
Habeck verwies auf die internationalen Reaktionen auf die Gräueltaten in Bucha. “Und die Morde, die Kriegsverbrechen, die wir jetzt sehen, werden den Druck auf Putin wieder erhöhen”, sagte Habeck. “Was dort passiert, ist schrecklich.”