Insgesamt plant Boehringer, in den nächsten fünf Jahren mehr als 25 Milliarden Euro für Forschung und deutlich mehr als 7 Milliarden Euro für neue Sachanlagen auszugeben. Einen zusätzlichen Schub erwartet das Ingelheimer Unternehmen in den kommenden Jahren von neuen Therapien gegen Herzinsuffizienz, Lungenfibrose, entzündliche Hauterkrankungen und Schizophrenie. Darüber hinaus erhofft sich Boehringer Fortschritte bei der Behandlung von Krebs mit innovativen Produkten, darunter ein neues Immuntherapeutikum. Basierend auf den neuesten Forschungsergebnissen sieht Firmenchef Hubertus von Baumbach Chancen für bis zu 15 Produkteinführungen bis Mitte des Jahrzehnts. Als entscheidenden Erfolg wertet er, dass die US-Zulassungsbehörde FDA im vergangenen Jahr vier der Boehringer-Entwicklungsprodukte als potenzielle therapeutische Entdeckungen zugelassen hat, darunter Wirkstoffe gegen Schizophrenie und Lungenfibrose. „Das ist ein Gütesiegel für unsere Innovationsleistung und in diesem Sinne auch eine Bestätigung unserer Innovationsstrategie“, so von Baumbach. Top Aufgaben des Tages Finden Sie jetzt die besten Jobs und bleiben Sie per E-Mail auf dem Laufenden. Mit seiner Unternehmensgröße für 2021 zeigt das Familienunternehmen weiterhin einen stabilen, relativ stabilen und wirtschaftlich starken Aufwärtstrend. Der Konzernumsatz stieg um 5,4 % auf 20,6 Milliarden Euro und überschritt damit erstmals die 20-Milliarden-Grenze. Unter Berücksichtigung der negativen Wechselkurseffekte wuchs das Unternehmen nach Unternehmensangaben um 7,5 %. Für dieses Jahr erwartet Boehringer jedoch nur eine geringe Umsatzsteigerung auf vergleichbarer Basis.

Zwei Prozent mehr Gewinn

Das Unternehmen steigerte 2021 sein operatives Ergebnis (EBIT) um zwei Prozent auf 4,7 Milliarden Euro. Nach Steuern blieb der Nettogewinn bei 3,4 Milliarden Euro, ein Plus von elf Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für die Ingelheimer sind diese Ergebnisse immer wieder neue Höchstwerte. Die freien Cashflows von 2,7 Milliarden Euro ermöglichten es zudem, die bereits reichlich vorhandenen Finanzreserven des Konzerns auf rund 15 Milliarden Euro weiter zu stärken. Boehringer Ingelheim Das Unternehmen verfügt mit 4,2 Milliarden Euro über das größte F&E-Budget der deutschen Pharmaindustrie. (Foto: obs)
Wichtigstes Standbein von Boehringer bleibt das Pharmasegment mit einem Umsatz von 15,3 Milliarden Euro und einem währungsbereinigten Plus von 8,4 Prozent, gefolgt vom Tierarzneimittelgeschäft mit einem Umsatz von 4,3 Milliarden Euro und einem Plus von 6,2 Prozent sowie dem Bereich Produktion biopharmazeutische Verträge trugen 915 Millionen Euro (plus 9,5 %) zum Konzernumsatz bei. Damit ist Boehringer der mit Abstand größte Pharmahersteller, der sich noch vollständig im Besitz der Gründerfamilie befindet. Gemessen am Umsatz mit Humanarzneimitteln ist Boehringer derzeit der drittgrößte Arzneimittelhersteller in Deutschland nach dem Mainzer Biotechnologie-Aufsteiger Biontech und dem Bayer-Konzern. Gemessen an den Forschungsausgaben verfügt Boehringer mit 4,2 Milliarden Euro über das größte F&E-Budget der deutschen Pharmaindustrie. Allein im Jahr 2021 sind die Ausgaben um rund 500 Millionen Euro gestiegen. Der weitere Anstieg ist vor allem auf geplante größere Phase-3-Studien mit den vielversprechenden Produkten in der Entwicklungsphase zurückzuführen. Zudem will das Unternehmen laut Baumbachs weiter stark in die Digitalisierung investieren. So kooperiert Boehringer beispielsweise mit dem amerikanischen Unternehmen Alphabet auf dem Gebiet der Quantencomputer mit dem Ziel, diese Technologie in der zukünftigen Forschung einzusetzen. Trotz hoher F&E-Ausgaben in den letzten Jahren war Boehringer nicht in der Lage, eine große Zahl von Neueinsteigern in die Produktentwicklung zu erreichen. Umfangreiche klinische Studien haben jedoch das Potenzial für viele neue Entwicklungen in den letzten zehn Jahren erheblich verbessert.

Die Heilung von Diabetes ist der wichtigste Wachstumshebel

Dazu gehört in erster Linie das Diabetes-Medikament Jardiance, das mit einem Umsatz von 3,9 Milliarden Euro (plus 28 %) bereits jetzt der wichtigste Wachstumshebel für Boehringer ist. Es wurde kürzlich für Herzinsuffizienz zugelassen und hat auch gute Ergebnisse bei der Behandlung von Nierenerkrankungen gezeigt. Laut einigen Analysten könnte sich der Umsatz in den kommenden Jahren noch einmal fast verdoppeln. Das Medikament gegen Ofev-Fibrose hat sich mit einem Umsatz von 2,5 Milliarden Euro (plus 25 Prozent) als zweitstärkstes Produkt etabliert. Mit diesen Top-Produkten konnte Boehringer den zweistelligen Umsatzrückgang älterer Produkte, wie dem Spiriva-Medikament Spiriva, ausgleichen. Ein weiterer wichtiger Wachstumstreiber für das Ergebnis, wenn nicht sogar für den Konzernumsatz, ist das Medikament gegen Psoriasis Skyrizi, mit dem der amerikanische Pharmakonzern und Lizenznehmer Abbvie im vergangenen Jahr einen Umsatz von rund drei Milliarden Dollar und ein sehr hohes Wachstum erzielte.

Lesen Sie auch:

Wie Abbvie-Chef Richard Gonzalez kürzlich ankündigte, soll der US-Pharmakonzern noch in diesem Jahr rund eine Milliarde Dollar (rund 900 Millionen Euro) an Lizenzgebühren an Skyrizi bei Boehringer überweisen. Diese Erlöse fließen eins zu eins in das operative Ergebnis ein und dürften in den kommenden Jahren weiter steigen. Weitere Erfolge in der Immunologie erhofft sich Boehringer nun mit dem Wirkstoff Spesolimab, der sich derzeit im Zulassungsverfahren für eine bestimmte Form der Psoriasis befindet und auch für verschiedene andere Immunerkrankungen getestet wird. Beim zukünftigen Ausbau der Forschung setzt Boehringer weiterhin hauptsächlich auf eigene Entwicklungskapazitäten, ergänzt durch Allianzen. Trotz der hohen finanziellen Reserven seien große Akquisitionen im Pharmabereich in Ingelheim kein Problem, wie von Baumbach verdeutlicht. Sie schließt kleinere Akquisitionen nicht vollständig aus. „Aber wir bleiben uns treu und investieren nur dort, wo es sinnvoll ist, in die Frühphase der Forschung“, sagte von Baumbach. Mehr: Curevac beginnt klinische Studien mit verbessertem Covid-19-Impfstoff