Die Arbeitsgruppen, die sich mit dem Thema befassen, „arbeiten unter Hochdruck“, fügte der Sprecher hinzu. Daher sei das Ministerium „sehr zuversichtlich“, dass der Import „sehr schnell“ erfolgen könne. Doch in Berlin und Brandenburg herrschte Skepsis, ob er es so bald schaffen würde. Doch damit nicht genug: Vertraulichkeit schließt nicht aus, dass Fahrpreise für BVG, S-Bahn & Co. Anfang 2023 steigen soll. Das Billigticket ist Teil des Hilfspakets wegen der hohen Energiepreise, das die Ampelkoalition vor rund einer Woche zusammengetragen hat. Die Monatskarte für den öffentlichen Nahverkehr soll bundesweit nur noch neun Euro für drei Monate kosten.

“Es gibt noch nichts Konkretes”

Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) senkt die Erwartungen. Eine offizielle Stellungnahme gab es am Freitag nicht, aber dem Vernehmen nach keine realistische Vorstellung davon, wie das Bundesversprechen umgesetzt werden könnte. Ein Arbeitskreis des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen arbeitet perfekt an möglichen Konzepten. „Aber es gibt noch nichts Konkretes“, sagte er in Berlin. So muss beispielsweise noch entschieden werden, wie die Felder angepasst werden. Im Gespräch sind die jeweiligen Sektoren der Verkehrsverbünde – was bedeuten würde, dass die Berliner und die Brandenburger in Ordnung wären, denn der VBB ist flächenmäßig einer der größten Verbünde Europas. Andernorts sind die Netzbereiche jedoch deutlich kleiner. Die Leistungen von Linientickets wären daher deutlich geringer, was zu einem Gerechtigkeitsproblem führen könnte. Zudem würden Reisende benachteiligt, die außerhalb des Verbundes oder zwischen zwei Bundesländern reisen.

Gehzeit mindestens fünf Monate

Für Menschen, die noch keine Stammkunden des Nahverkehrs sind, wäre es einfacher, die Idee eines günstigen Tickets umzusetzen, sagte ein Mitarbeiter eines Verkehrsunternehmens in Berlin. „Die Idee könnte leicht als digitales Ticket umgesetzt werden“, sagte er. Allerdings würde auch dies eine Vorbereitungszeit erfordern – die in diesem Fall bis zum Sommer 2022 verlängert werden könnte. Sollten Tickets für Neukunden auch in gedruckter Form, beispielsweise aus Automaten, erhältlich sein, wäre eine Übergangszeit von ca mindestens fünf Monaten zu rechnen war. Am schwierigsten wäre die Abwicklung für Stammkunden, die ihre Tickets bereits im Voraus bezahlt haben – zum Beispiel Jahreskartenbesitzer. Sie bekommen Geld zurück – und wie schnell wäre das möglich? „Klar ist, dass der Ausgleich viel Aufwand erfordern würde“, teilte das Berliner Nahverkehrsgewerbe am Freitag mit. In diesem Bereich gebe es noch keine tragfähige Idee, sagte er. Der Berliner Fahrgastverband IGEB bezeichnete das Projekt „Monatskarten um neun Euro für insgesamt 90 Tage („9 für 90“) als historische Chance für den öffentlichen Nahverkehr und damit für die Wiederbelebung des Verkehrs sowie für den Schutz des Verkehrs Klima.

Fahrgastverband: eine historische Chance

Es sei möglich, bestehende Abonnenten zu halten, durch die Corona-Pandemie verlorene Stammkunden zurückzugewinnen und neue Kundengruppen zu erschließen, sagten Gewerkschaftsvorsitzender Christfried Tschepe und Sprecher Jens Wieseke. “9 für 90” sollte die größte bundesstaatlich finanzierte Werbekampagne aller Zeiten sein, sagte er. „In den 90 Tagen muss man sich überlegen, wie es danach weitergeht. Auch der Klimaschutz und der schreckliche Krieg zwingen uns, endlich weniger Energie im Verkehr zu verbrauchen. „Das wird nur gelingen, wenn die Menschen langfristig weniger Auto fahren und mehr Menschen auf Bahn, Bus und Fahrrad umsteigen.“ Der starke Anstieg der Energiepreise trifft auch die Nahverkehrsunternehmen in Berlin und Brandenburg. Die Berliner Zeitung hat erfahren, dass erste Forderungen nach einer Tariferhöhung beim VBB laut wurden. Der Preissteigerungsindex, der zur Begründung möglicher Anpassungen herangezogen wird, übersteige erstmals fünf Prozent, sagte er. Jetzt funktioniert eine genaue Berechnung, die dem Aufsichtsrat am 19. April vorgelegt wird. Beobachter schließen eine Tariferhöhung nicht aus – aber frühestens zum 1. Januar 2023. Klar ist auch, dass Abonnenten und andere Stammkunden mit der nächsten Tariferhöhung so wenig wie möglich belastet werden sollen. Einzelne Ticketkäufer und andere Gelegenheitskunden sollten mit höheren prozentualen Preiserhöhungen rechnen.