Zur Mittagszeit ziehen sich die Anleger auf breiter Front aus dem Aktienmarkt zurück und treiben den DAX deutlich ins Minus. Zins- und Inflationssorgen belasten den Handel und der Euro fällt weiter.
Zins- und Inflationsängste hielten den Aktienmarkt zu Wochenbeginn unter Kontrolle. Der DAX baute seine Verluste am Mittag deutlich aus und fiel zeitweise bis zu zwei Prozent auf ein Tief von 13.264 Punkten. Der Preisnachlass liegt derzeit bei rund 1,5 Prozent. Am Freitag hatte Deutschlands Leitindex bereits 1,1 Prozent auf 13.544 Punkte verloren, auch US-Aktien gaben deutlich nach. Anleger werden wieder vorsichtiger, nachdem sie zuletzt darauf gewettet haben, dass die Inflation ihren Höhepunkt überschritten haben könnte – trotz deutlicher Warnungen von Experten und Notenbankern. Konjunktur- und Inflationssorgen kehren zurück, zumal Russland vor dem Wochenende angekündigt hat, Ende August die Gaslieferungen durch die Nord Stream 1-Pipeline in der Ostsee für drei Tage einzustellen. Dies könnte die Besorgnis über Gasknappheit im Winter neu entfachen.
Jackson Hole im Fokus
Die an diesem Donnerstag beginnende Notenbanksitzung in Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming wirft auch ihre Schatten auf den Aktienmarkt. Anleger spekulieren, dass die US-Notenbank die Zinsen weiter straffen wird, um die hohe Inflation einzudämmen. Folglich hielten Anleger Anlagen, die sie für riskant hielten. Im Falle einer weiteren großen Fed-Zinserhöhung um 0,75 Prozentpunkte werden Aktien gegenüber Fixed Income weiter an Attraktivität verlieren.
Laut Marktbeobachter Michael Hewson vom Handelshaus CMC Markets positionieren sich die Anleger derzeit wieder vorsichtiger und warten auf weitere geldpolitische Signale. Seiner Ansicht nach könnte die Sitzung der Zentralbank in Jackson Hole während der Woche den Ton für den Rest des Jahres angeben.
Wirtschaftsupdate vom 22.08.2022
Klau-Rainer Jackisch, Personal, 22.8.2022 09:42 Uhr
US-Futures tief im Minus
Auch die US-Aktienmärkte werden derzeit voraussichtlich schwächer, wie Futures auf die großen US-Aktienindizes zeigen. Die zinssensitive Technologiebörse Nasdaq ist erneut stark in Mitleidenschaft gezogen. Aber Futures auf den führenden Benchmark-Index Dow Jones sind um 0,9 % gefallen. In New York werden heute keine Großveranstaltungen erwartet.
Fresenius nach Chefwechsel im Fokus
Im DAX macht die Aktie von Fresenius eine klare Trendwende und steht an der Indexspitze, auch die Aktien der Tochter FMC sind gefragt. Nach turbulenten Zeiten soll ein neuer Mann den Ärzte- und Klinikkonzern aus der Dauerkrise führen. Zum 1. Oktober 2022 hat der Aufsichtsrat den stellvertretenden Leiter der Tochtergesellschaft Fresenius Kabi, Michael Sen, zum Vorstandsvorsitzenden bestellt. Der Markt sagte, dies sei ein Schritt, auf den die Anleger angesichts des Aktienkurses gehofft hätten, der nun auf den niedrigsten Stand seit 2012 gefallen sei.
Der personelle Wechsel kommt nicht überraschend: Nach wiederholten Gewinnwarnungen in den vergangenen Jahren musste der scheidende Vorstandsvorsitzende Stephan Sturm erst kürzlich die Ziele für das laufende Jahr zurückschrauben. Das war wohl der letzte Tropfen für den Vorstand, der Sturm trotz anhaltender Probleme die Treue gehalten hatte. Der Direktor verlasse das Unternehmen “im guten Einvernehmen”, hieß es.
China senkt die Zinsen
China will die Kreditnachfrage der von der Immobilienkrise und dem Coronavirus-Ausbruch gebeutelten Wirtschaft durch eine erneute Leitzinssenkung weiter ankurbeln. Der einjährige Leitzins (LPR) wurde in der monatlichen Notierung der Zentralbank (PBoC) um fünf Basispunkte auf 3,65 % und der fünfjährige Leitzins um 15 Basispunkte auf 4,30 % gesenkt.
Euro leicht unter dem Dollarkurs
Die jüngste Schwächephase des Euro setzte sich am Morgen fort. Beim Tiefststand wurden nur 0,9988 $ für einen Euro bezahlt, aktuell wird er bei 1,0006 $ gehandelt. In der Folge ist der Euro wie schon im Juli unter den Dollar gefallen. Experten sprechen von Parität, wenn der Kurs zweier Währungen genau gleich ist.
Der Dollar profitierte zuletzt von vermehrten Spekulationen, dass die US-Notenbank (Fed) die Zinsen im September erneut um 75 Basispunkte anheben wird. Später am Tag wird erwartet, dass der Handel mit dem Euro eher glanzlos verlaufen wird, da keine wichtigen Wirtschaftsdaten auf der Tagesordnung stehen.
Deutsche Exportschwäche außerhalb der EU
Belastend dürfte auch wirken, dass deutsche Exporteure mit einem deutlichen Rückgang des bedeutenden Handels mit Nicht-EU-Ländern in die zweite Jahreshälfte gestartet sind. Laut Statistischem Bundesamt sind die Ausfuhren in diese sogenannten Drittländer im Juli um 7,6 % gegenüber dem Vormonat zurückgegangen. Dies war der erste Rückgang nach drei Anstiegen in Folge.
Ölpreise fallen – Gaspreise steigen weiter stark an
Die Ölpreise konnten ihre größten Mittagsverluste etwas ausgleichen, bleiben aber im Minus. Ein Barrel (159 Liter) Nordseesorte Brent lag etwa 0,5 Prozent niedriger bei 95,73 US-Dollar. Der Preis für ein Fass der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) sinkt um…