Der Westen jedoch ist nicht bereit, seine Wirtschaftssanktionen auf den Energiesektor auszuweiten. Der Grund: Europa bezieht rund 40 Prozent seiner Gasimporte aus Russland – und kann diese Energiequelle nicht so einfach ersetzen. Am EU-Gipfel diese Woche sprachen sich deshalb neben Deutschland auch Italien und Österreich gegen einen Importstopp von russischem Erdgas aus – jene Länder, die am stärksten an Wladimir Putins Gastropf hängen.

Was Putin erreichen will

In einem anderen Punkt jedoch geben sich die Regierungschefs westlicher Staaten kämpferisch: Sie wollen die russischen Gas- und Erdöllieferungen weiterhin in Euro oder Dollar bezahlen. Sollte Russland plötzlich auf Rubel bestehen, wäre das ein Vertragsbruch, sagte etwa der italienische Ministerpräsident Mario Draghi am Donnerstag. Den Zwang zur Begleichung der Gasrechnungen in Rubel hatte Putin tags zuvor bei einer Videokonferenz ausgesprochen. Die Zentralbank und die russische Regierung hätten nun eine Woche Zeit, die Modalitäten für die Umstellung auf Rubelzahlungen festzulegen, so der Kreml-Chef weiter. Putin erhofft sich von dieser Massnahme eine Stärkung der russischen Landeswährung, die seit Kriegsbeginn massiv an Wert verloren hat. Betroffen von dieser Massnahme ist auch die Schweiz. Sie wird von Russland auf der Liste der «unfreundlichen Staaten» geführt, weil sie sich den Wirtschaftssanktionen der EU angeschlossen hat. Zwar ist die Eidgenossenschaft deutlich weniger abhängig von russischem Öl und Gas als andere. Als Handelsplätze aber haben insbesondere Genf, Zug, Lugano TI und Zürich eine enorme Bedeutung für Russland. Gemäss einem Bericht der Schweizer Botschaft in Moskau vom November 2021 erfolgen rund 80 Prozent des russischen Rohstoffhandels über diese Schweizer Finanzdienstleistungszentren.

Wie wird Russland reagieren?

Die Branche denkt jedoch nicht daran, auf die Forderung Moskaus einzugehen. «Die Schweizer Rohstoffhändler werden russisches Öl und Gas weiterhin in Euro oder US-Dollar bezahlen», sagt Florence Schurch (47), Generalsekretärin der Swiss Trading and Shipping Association (STSA). Der Verband vertritt grosse Schweizer Rohstoffhändler, Schifffahrtsgesellschaften und Handelsbanken, darunter Vitol, Cargill International, Mercuria und Gunvor. «Falls die russische Seite auf Zahlungen in Rubel besteht, müsste das in neuen Verträgen so festgelegt werden», so Schurch weiter. Bis auf weiteres würden von Schweizer Handelsfirmen jedoch keine neuen Lieferverträge mit russischen Öl- und Gashändlern abgeschlossen. Die Schweizer Rohstoffhändler wollen Putin also die Stirn bieten. Völlig unklar ist einstweilen, wie Russlands Präsident reagiert, wenn die Öl- und Gaslieferungen weiterhin in Euro und Dollar bezahlt werden. Dreht er dann den Gashahn ab? Giacomo Luciani (73), Experte für Energiegeopolitik und Professor am Hochschulinstitut für internationale Studien und Entwicklung (IHEID) in Genf, glaubt nicht daran: «Das kann nicht im Interesse Russlands sein. Das Land würde dadurch sehr viel Geld verlieren.» Luciani geht deshalb davon aus, dass Putins Ankündigung, einen Rubelzwang einzuführen, nicht viel mehr ist als ein PR-Coup.