Erbitterte Bodenkämpfe, Luft-Luft-Raketenangriffe: Die Ukraine steht weiterhin unter russischem Beschuss. Der Bundespräsident warnt davor, dass die Folgen dieses Krieges Deutschland noch lange betreffen werden.
Während der Krieg in der Ukraine weiter tobt, bereitet Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Deutschland auf schwierige Zeiten vor. „Viele Schwierigkeiten liegen noch vor uns“, sagte Steinmeier am Sonntag und verwies auf die Folgen der Sanktionen gegen Moskau. In einer Videobotschaft für ein Konzert im Schloss Bellevue sagte er: „Das sind schreckliche Tage und Wochen. „Wir sind alle schockiert, wir sind schockiert über das, was in der Ukraine passiert.“ Sanktionen gegen Russland werden in Deutschland zwangsläufig zu schwierigeren Zeiten führen – und noch länger. „Wir müssen bereit sein, sie zu tragen, wenn unsere Solidarität nicht nur Reden ist, wenn wir sie ernst nehmen wollen“, sagte er.
Wut nach Bidens Rede
Russland hat am Wochenende nicht nur Städte wie Mariupol am Boden angegriffen, sondern auch weit entfernte Ziele in der Westukraine mit Raketen angegriffen. Deutschland erwägt nun, sich mit einem Raketenschild zu schützen. US-Präsident Joe Biden hat einen verbalen Angriff auf Kreml-Chef Wladimir Putin ausgelöst. Am Ende einer Rede in Warschau sagte Biden am Samstagnachmittag: „Um Gottes Willen, dieser Mann kann nicht an der Macht bleiben.“ Das Weiße Haus versuchte schnell, die Erklärung zur Verfügung zu haben, und betonte, dass dies kein Aufruf zum Umsturz sei. Auch US-Außenminister Anthony Blinken sagte am Sonntag in Jerusalem: „Wir verfolgen keine Strategie des Regimewechsels in Russland oder anderswo.“ Doch Moskau reagierte verärgert. Kreml-Sprecher Dmitri Peschkow sagte, Biden entscheide nicht, wer Russlands Präsident sei. Prominente russische Gesetzgeber haben Biden Schwäche vorgeworfen.
Kampf und Raketenstart
Nach dem russischen Angriff vom 24. Februar gehen die heftigen Kämpfe in der Ukraine weiter. Russland kontrolliert Teile des Landes im Norden, Osten und Süden, stößt dort aber auf ukrainischen Widerstand. Die Angaben der Konfliktparteien können nicht unabhängig überprüft werden. Der ukrainische Generalstab berichtete von Kämpfen um die Stadt Tschernihiw im Norden und um die Städte Rubishne, Sievarodonetsk und Mariupol im Südosten. „Der Feind führt weiterhin einen umfassenden bewaffneten Angriff auf die Ukraine durch“, sagte er. Der Bürgermeister des Hafens von Mariupol, Wadym Boychenko, warf den russischen Streitkräften Rücksichtslosigkeit vor. Die Flucht aus Mariupol bleibt schwierig. Für die ostukrainische Region Luhansk wurde jedoch ein zweiter Fluchtweg eingerichtet.
Treffen von Verhandlungsführern aus der Ukraine und Russland sind geplant
Nach rund zwei Wochen elektronischer Friedensgespräche wollen sich die Delegationen aus der Ukraine und Russland nun wieder persönlich treffen. Ein Treffen sei für Dienstag und Mittwoch geplant, schrieb der Leiter der russischen Delegation, Vladimir Medinsky, am Sonntag im Telegram. Der ukrainische Unterhändler David Arahamiya bestätigte ein geplantes persönliches Treffen auf Facebook – sagte aber, dass es am Montag beginnen würde. Das Treffen werde in Istanbul stattfinden, teilte das Büro des türkischen Präsidenten am Sonntagnachmittag mit. Es wurde keine Zeit gemeldet.
Referendum in der Fabrik in Luhansk
Prorussische Separatisten in Luhansk kündigten am Sonntag an, über den Beitritt der Region zu Russland abzustimmen. Laut der staatlichen Nachrichtenagentur TASS werde in naher Zukunft ein Referendum abgehalten, sagte der Führer der Separatisten von Luhansk, Leonid Pasechnik. Die Bewegung übt Druck auf Kiew aus. Lesen Sie auch ► Giffey: Geflüchtete brauchen schnell Klarheit und einfache Verfahren ► Selensky fordert erneut Kampfflugzeuge, Atomreaktor unter Beschuss Das russische Verteidigungsministerium bestätigte auch einen Raketenangriff auf Lemberg in der Westukraine, das nur rund 80 Kilometer von der polnischen Grenze entfernt liegt. Dort wurde am Samstag ein Tanklager getroffen. Auch im Gebiet um die Hauptstadt Kiew wurden laut russischen Quellen Raketen abgefeuert. Innerhalb von 24 Stunden wurden insgesamt 67 militärische Gegenstände zerstört.
Selenskyj fordert schwere Waffen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat am Wochenende erneut die Herausgabe schwerer Waffen wie Panzer und Kampfflugzeuge gefordert. Auch die Führung der ukrainischen Luftwaffe erklärte: „Um mit den feindlichen Streitkräften im Luftraum auf Augenhöhe zu kämpfen, muss man sowohl quantitativ als auch technologisch aufrüsten.“ 5.100 Panzerabwehrwaffen hat die ukrainische Regierung im eigenen Namen von einem deutschen Waffenhersteller gekauft.
Wird Deutschland einen Raketenschild haben?
Aufgrund des russischen Angriffs auf die Ukraine erwägt nun auch Deutschland den Bau eines Raketenschildes. „Wir müssen uns besser vor der Bedrohung durch Russland schützen“, sagte der SPD-Politiker Andreas Schwarzer zu BILD am Sonntag. “Das israelische Arrow-3-System ist eine gute Lösung.” Der 100-Milliarden-Euro-Sonderfonds für die Bundeswehr wird derzeit geprüft.
EU-Innenminister diskutieren am Montag über Flüchtlingsbewegungen
An diesem Montag (14.30 Uhr) beraten die EU-Innenminister über den Umgang mit dem enormen Flüchtlingsstrom aus der Ukraine. Das Hauptaugenmerk soll dabei auf der Verteilung der bisher fast vier Millionen Flüchtlinge auf die EU-Staaten liegen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat gemeinsam mit ihrem polnischen Amtskollegen die EU-Kommission um Hilfe gebeten. In ihrem Schreiben nannten sie eine Pauschale von 1.000 Euro aus EU-Mitteln für jeden aufgenommenen Flüchtling und forderten mehr Koordination bei der Verteilung. Nach offiziellen Angaben sind inzwischen etwa 2,3 Millionen Menschen in Polen angekommen und etwa 267.000 Flüchtlinge sind in Deutschland offiziell registriert.