Berliner Polizei äußert „Sicherheitsbedenken“ zu laufendem Meldeverfahren
Stand: 07:00 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Bundeswehrsoldaten helfen ukrainischen Flüchtlingen im Neuankunftszentrum Tegel. Bisher war die Polizei nicht in den Prozess involviert
Quelle: Christophe Gateau / dpa / Archivbild
Im Streit um Sicherheitskontrollen für Asylbewerber und Flüchtlinge aus der Ukraine hat die Berliner Polizei klar Stellung bezogen und sich zu Sicherheitsbedenken geäußert. Allein im vergangenen Jahr fanden in der Hauptstadt 1.500 Fahndungen statt.
Die Berliner Polizei hat Sicherheitsbedenken wegen des vereinfachten Registrierungsverfahrens für Schutzsuchende aus der Ukraine. Dies folgt einer Antwort der Behörden auf eine Anfrage von WELT und der Berliner Morgenpost. Das Prinzip basiert auf Erfahrungswerten und der Anzahl der Auswirkungen auf Asylsuchende im vergangenen Jahr.
Zuvor war ein Streit zwischen der Polizei und der Senatsverwaltung für Soziales entbrannt: Laut einer WELT bekannten internen E-Mail hatte der Landesflüchtlingsdienst (LAF), der der Sozialverwaltung unterstellt ist, die Berliner Polizei bereits über den 13. Januar informiert dass künftig die Beendigung der Zusammenarbeit und die Befreiung von Asylbewerbern von der Sicherheitskontrolle. Das verärgerte die Gewerkschaften und die Detektive.
Kernstück des Unterschieds ist das sogenannte Fast-ID-Verfahren. Fingerabdrücke von Asylsuchenden werden abgenommen und mit polizeilichen Datenbanken abgeglichen. Beispielsweise sollten Identitätsinformationen in einer Minute überprüft und allen polizeilichen Erkenntnissen nachgegangen werden.
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Flüchtlinge aus der Ukraine
Laut Polizei verzeichneten die Berliner Behörden im vergangenen Jahr 1.529 Treffer bei mehr als 19.000 Bewerbern. Das war eine Steigerung von fast 57 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Unter den Schlägen waren 158 Haftbefehle, 280 Abschiebungen und 700 Hausdurchsuchungen. Auch im Ausland wurde eine Person wegen fahrlässiger Tötung gesucht.
Das Berliner Polizei-Schnell-Ausweisverfahren wurde nach der Flüchtlingskrise 2015 und 2016 und dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz eingeführt. Berlin hatte in Deutschland die Führung übernommen. Die LAF-interne Einschätzung war jedoch, dass die übliche „Asylberatung“ durch eigene Mitarbeiter ausreichend sei. Auch bei diesem Verfahren werden Daten von Sicherheitsbehörden und Geheimdiensten abgefragt. Allerdings dauert es mehrere Tage. Die Angst der Polizei: Bis die Ergebnisse vorliegen, sind die Täter längst verschwunden.
Schnellverfahren für ukrainische Flüchtlinge
Mit den Flüchtlingen aus der Ukraine entstand eine neue Dynamik. Diese kommen vor einer Woche in Berlin im New Arrival Center am ehemaligen Flughafen Tegel an und werden dort auch schneller bearbeitet. 10.000 Menschen müssen sich täglich auf diese Weise anmelden und, wenn sie in Berlin bleiben, auch dort anmelden. Berlin wird von 80 Bundeswehrsoldaten unterstützt. Nur die Polizei sei bisher nicht eingeschaltet worden, teilte die Behörde auf Nachfrage mit. Erst vor einer Woche kamen ukrainische Flüchtlinge zusammen mit anderen Asylsuchenden in der ursprünglichen Erstaufnahmeeinrichtung Oranienburger Straße in Reinickendorf an – und wurden wie alle anderen regelmäßigen Schnellkontrollen unterzogen. Laut Polizei wurden allein in der vergangenen Woche 2.725 Flüchtlinge aus der Ukraine kontrolliert. Es gab Personen, die mit gefälschten Ausweisen reisten oder per Haftbefehl gesucht wurden. Lesen Sie auch Auf Anfrage von WELT sagte die Polizei: „Es entspricht den Erfahrungen der Polizei, dass sich Menschen, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen könnten, unter ukrainische Flüchtlinge mischen. Diesbezüglich gibt es „Sicherheitsprobleme“, wenn der Registrierungsprozess ohne Sicherheitsüberprüfung mittels Fast-ID durchgeführt wird.
Geheimdienste warnen vor Schmugglergruppen
Und diese Angst scheint nicht ganz unbegründet. Sicherheitskreise gehen davon aus, dass sich die Fluchtbewegungen aus der Ukraine auch Schmuggelnetzwerke zunutze machen. Nach Erkenntnissen der Behörde ist der Flüchtlingsstrom derzeit gemischt – und professionelle, länderübergreifend agierende Schleuserbanden hätten darin Chancen erkannt – und entsprechend angepasst. Das geht aus einem internen Dokument des Bundesnachrichtendienstes hervor. Lesen Sie auch Geheimdienst Erkenntnisse Dem BND liegen zudem verlässliche Informationen vor, wonach Schmuggler bereits gezielt ukrainische Ausweise und Werberouten an der ukrainisch-polnischen Grenze beschaffen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte kürzlich in einem RBB-Beitrag, sie halte polizeiliche Sicherheitskontrollen für wichtig. Ein LAF-Sprecher sagte dem Innenminister vor laufender Kamera, die Polizei wolle diese Kontrollen auch, brauche sie aber nicht, da es sich überwiegend um Frauen und Kinder handele. Auch das SPD-geführte Innenministerium hat der Linkspartei-geführten Sozialverwaltung signalisiert, dass seiner Meinung nach Sicherheitskontrollen im Ankunftszentrum Tegel von der Polizei durchgeführt werden. Derzeit finden intensive Gespräche mit allen Beteiligten statt. Auch das Landesamt zog sich zurück. Die Polizei wurde gebeten, die Arbeiten im alten Ankunftszentrum Reinickendorf weiter zu unterstützen. Lesen Sie auch Hier finden Sie Inhalte Dritter Die Anzeige von eingebetteten Inhalten erfordert Ihre widerrufliche Zustimmung zur Übermittlung und Verarbeitung personenbezogener Daten, da Anbieter von eingebetteten Inhalten als Drittanbieter diese Zustimmung benötigen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem Sie den Schalter auf „on“ stellen, erklären Sie sich damit einverstanden (jederzeit widerrufbar). Dies umfasst auch Ihre Zustimmung zur Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten an Drittländer, einschließlich der Vereinigten Staaten, gemäß Artikel 49 (1) (a) der DSGVO. Hier finden Sie weitere Informationen dazu. Ihre Einwilligung können Sie jederzeit über den Schalter und Datenschutz unten auf der Seite widerrufen.